Gesundheitsreform 2010

Gesetzliche Krankenversicherung – Gesundheitsreform 2010


Das System der staatlichen Gesundheitsfürsorge krankt. Demographischer Wandel und wirtschaftliche Schieflage der Bundesrepublik sorgen dafür, dass laufende Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen nicht durch die Gesamtheit der von Versicherungsnehmern abzuführenden Beiträge finanziert werden können. Mit dem zum 1.Januar 2011 in Kraft getretenen „Gesetz zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung“ (GKV-FinG) unternimmt der Gesetzgeber den Versuch, das strukturell lahmende System mittels einer umfassenden Gesundheitsreform kostendeckend umzustrukturieren. Einbußen haben dabei sämtliche am Gesundheitssystem beteiligten Akteure hinzunehmen, vor allem Patienten werden in besonderem Maße in Form von Leistungseinbußen und finanziellen Mehrkosten belastet.

Gesundheitsreform aus politischer Sicht

Die Gesundheitsreform schien aus politischer Sicht unerlässlich. Technische Errungenschaften im medizinischen Bereich erhöhen die allgemeine Lebenserwartung der Bundesbürger, und verschlingen im Gegenzug Milliarden Euro an Forschungsgelder. Ein aus dem Grund zunehmender Überalterung stetig sinkender prozentualer Anteil beitragspflichtiger Versicherungsnehmer hat für explodierende Kosten staatlichen Gesundheitswesens aufzukommen. Um hierauf beruhende monetäre Engpässe auszuschließen und dadurch bedingter Neuverschuldung entgegenzuwirken, werden Einsparungen in nahezu sämtlichen kostenintensiven Bereichen des staatlichen Gesundheitssystems avisiert. Im aktuellen Geschäftsjahr 2011 wäre ohne die weitreichenden Umstrukturierungen der Gesundheitsreform mit einer Deckungslücke von ca. 9 Milliarden Euro zu rechnen gewesen. Ein Umdenken aller Beteiligten wird erforderlich. Um auch künftig durch die Solidargemeinschaft eine stabile gesetzliche Krankenfürsorge zur Verfügung stellen zu können, ohne nachfolgende Generationen über Gebühr zu belasten, wird eine umfassende Gesundheitsabsicherung für alle Versicherten unweigerlich kostenintensiver werden.

Die im Rahmen der Reform katalogisierten Gesetzesänderungen betreffen neben Maßnahmen zur Einnahmenstabilisierung auch Vorkehrungen zur Ausgabenkonsolidierung.

Bezüglich der Leistungserbringer betrifft eine erste Neuerung zur Ausgabenbegrenzung den organisatorischen Bereich der gesetzlichen Krankenkassen. Verwaltungskosten dürfen dabei zunächst in den Jahren 2011 und 2012 das im Jahre 2010 erzielte Ausgabenniveau nicht übersteigen. Eine Kostenreduktion soll zudem hinsichtlich vertragsärztlicher Versorgung, hausärztlicher Vergütung und Krankenhaus-Ausgaben realisiert werden. Vor allem auch im Bereich der Pharmaausgaben werden eine deutliche Einsparung und eine Förderung des Wettbewerbs konkurrierender Unternehmen untereinander angestrebt. Pharmagroßhändler und Apotheken haben in diesem Zusammenhang Grundsätze ihrer Preisgestaltung am Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) zu orientieren und dadurch die mit außerordentlicher Dynamik wachsenden Arzneimittelausgaben abzufedern.

Beitragssatz und Zusatzbeiträge

Zur Einnahmestabilisierung umgesetzte Maßnahmen betreffen vor allem die Mehrheit der pflichtversicherten Kunden. Der in Zeiten von Wirtschaftskrise und schwächelnder Konjunktur abgesenkte Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung wird auf 15,5 Prozent angehoben und in dieser Höhe gesetzlich festgeschrieben. Ausgabensteigerungen der Kassen werden dabei durch einkommensunabhängige und von Versicherungsnehmern zu tragenden Zusatzbeiträgen refinanziert, die in Abhängigkeit des gesetzlichen Versicherungsträgers in beliebiger Höhe erhoben werden können. Der Faktor Arbeit in der Bundesrepublik wird durch diese Lösung auf Kosten der Verbraucher gestärkt, obgleich übermäßige finanzielle Belastungen dabei im Rahmen eines Sozialausgleiches egalisiert werden sollen. Steigende Beitragssätze würden auch Lohnnebenkosten negativ beeinflussen und dadurch den ohnehin unter immensen Kostendruck leidenden Wirtschaftsstandort Deutschland schwächen. Ein konstanter gesetzlich festgeschriebener Beitrag sorgt für nachhaltig kalkulierbare Lohnnebenkosten, entstehende Deckungslücken der Kassen sind vom Versicherungsnehmer zu schultern.

Der Gesetzgeber zielt mit den Maßnahmen der Gesundheitsreform auch auf eine Intensivierung des Wettbewerbs der einzelnen Kassen untereinander ab und versucht dadurch, Transparenz sowie ein verbessertes Preis- Leistungssystem herbeizuführen. Gesetzliche Krankenkassen sollen dazu bewegt werden, innovative Versorgungsangebote auszuarbeiten, kostengünstige Verträge mit den Leistungserbringern auszuhandeln und dadurch eine kostengünstige und Gleichzeitig qualitativ hochwertige medizinische Versorgung anzubieten.

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